Montag, 20. Juni 2011

Jesus von Nazareth



 Aus der Enzyklopädie: >> HISTORIC WORLD LEADERS <<

 Gale Research Incorporation
 Detroit - Washington - London 

 Aus dem Englischen
 von J. Bambulie



 Jesus von Nazareth
 (? 6 B.C. / A.D. 4-A.D. 27/37)

 Jüdischer Lehrer und Heiler. Zentrale Figur des Christentums.
 Seine Anhängerschaft sieht in Jesus den versprochenen Messias aus dem
 Alten Testament.



Seit über zweitausend Jahren feiern die Christen Jesus als den Sohn Gottes, der durch seine Wiederauferstehung aus dem Grab die Menschheit von ihren Sünden erlöste, und dessen Lehre ein ewiges Leben im Himmel verspricht.

Die Christen glauben Jesus sei in einem Stall in Bethlehem geboren als Sohn einer Jungfrau und Gottes heiligem Geist. Weiterhin glauben sie, dass er in Nazareth aufwuchs unter der Obhut seiner Mutter und ihrem Ehemann einem Schreiner mit dem Namen Joseph. Als junger Mann soll Jesus als Prediger und Heiler unterwegs gewesen sein, bis zu jenem Tag, an dem man ihn kreuzigte. Diese Todesart war zu jener Zeit eine übliche Art der Hinrichtung. Angeblich wurde er wegen Aufruhr gegenüber den jüdischen sowie römischen Autoritäten in Palästina zum Tode verurteilt. Und nicht zuletzt auch deswegen, weil er von sich selbst behauptete, ein König zu sein.
Außerdem glauben die Christen Jesus sei der vorhergesagte Messias, wie in der hebräischen Bibel angekündigt wurde. Sein Leben und sein Tod erfüllten dem zufolge die Prophezeiungen des jüdischen Volkes.

Jesus ist die wichtigste Figur in der westlichen Zivilisation. Aber Details, etwa über sein Leben sind nicht bekannt. Zu seiner Zeit standen die Römer vor ungleich schwierigeren Problemen zeitgenössischer Art als sich ernsthaft mit diesem Wanderprediger, welcher noch dazu aus einer sehr obskuren Ecke des Römischen Reiches kam zu beschäftigen

Trotzdem wird Jesus in den Schriften mehrerer klassischer Autoren dieser Epoche bereits erwähnt. Unsere Hauptquellen an Information über ihn sind die vier Evangelisten: Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, welche den ersten Teil des Neuen Testamentes geschrieben haben.
Das Evangelium entstand aber nicht etwa aus dem Grunde, um historische Berichte über das Leben Jesus zu schreiben, sondern es handelt sich hierbei um eine Ansammlung theologischer Dokumente, die ausschließlich auf mündlichen Überlieferungen basieren. Dies alles wurde mehr als vierzig Jahre nach seinem Tod niedergeschrieben und ist voll von Widersprüchen. 

Die Schriften sagen weder etwas aus über seine persönliche Erscheinung, seine Manieren, seine Kleidung und kaum etwas über seinen Charakter, noch zeichnen sie etwa ein persönliches Porträt. Sie zeigen auch in reichlichem Maße Beweise für Manipulationen jeglicher Art, wie auch von Neuzusammenstellungen und Überarbeitungen späterer Schreiber.
Historiker haben im Rahmen wissenschaftlicher Studien das Neue Testament genauestens geprüft bis hin zu minutiösen Details, mit dem Ergebnis, dass der größte Teil des Materials in seiner geschichtlichen Abfolge jedoch zutrifft.

Die westliche Zivilisation hat früher oft unter dem Mangel an historischer Information über Jesus gelitten. Die Christen der Frühzeit waren sich oft uneins, über die Bedeutung seines Lebens, wie auch um die richtige Interpretation seiner oftmals nicht leicht zu verstehenden Aussagen im Evangelium.

Selbst die frühesten christlichen Schriften die wir besitzen, nämlich die Briefe von Paulus niedergeschrieben ca. 15-20 Jahre nach dem Kreuztod Jesus, zeigen, wie sehr man bemüht war, zahlreiche unterschiedliche Ansichten über sein Erbe und seine Lehre auf einen Nenner zu bringen.
Seit Paulus haben die Christen nicht damit aufgehört, die oftmals unterschiedlichsten Interpretationen zu diskutieren. Viele bedeutsame Ereignisse in der langen Geschichte Europas haben ursächlich mit dem Leben Jesus, seiner Lehre und seiner wahren Botschaft zu tun. Tausende von Menschen haben versucht eine Biographie über Jesus zu schreiben in der Hoffnung ihn dann besser verstehen zu können. 

Doch nicht mal dann, wenn es um so Grundsatzfragen ging wie, war er Pazifist oder eher das Gegenteil. Akzeptierte er seine jüdische Herkunft oder eher nicht. Und war ihm eigentlich selbst bewusst, dass er der „Messias" war, wie es in den jüdischen Prophezeiungen geschrieben stand.
Jesus hatte die ersten Christen nicht angeführt so wie es Moses tat, als er die Israeliten in das gelobte Land führte. Vielmehr lebte er das Leben eines jüdischen Reformers mit nur einer kleinen Schar von Anhängern.
Das Christentum als Religion war eine Erfindung seiner Anhängerschaft und auch vieler Menschen, die gerne als Bekehrer auftraten. 
Dies alles geschah wohlgemerkt in den Jahren nach seinem Tod. 

Wir sind uns zumindest sicher, dass Jesus als historische Figur tatsächlich existierte. Die Vehemenz mit der die Leute ihm nachfolgten, zeigt deutlich, dass er über ein großes Charisma als Lehrer, Heiler und Prediger verfügt haben muss.
Durch die Geschichtsforschung jenseits der Bibel wissen wir auch, dass er in einem Land und in einer Zeit lebte, die von großer politischer Unsicherheit geprägt war. Palästina das versprochene Land, welches Gott Moses und den Kindern Israels gegeben hatte, gemäß Exodus, (Massenauszug) war das erste Mal von Alexander dem Großen (c. 220 B.C.) überrannt worden und nun erneut durch die Römer. (63 B.C.) Dadurch wurde Palästina zur unterworfenen Provinz des Römischen Weltreiches. Diese Provinz war äußerst schwer zu regieren, da es unter den Juden immer wieder zu Aufständen kam. Die größte Rebellion (A.D. 66-73) endete mit einem Massaker unter den jüdischen Zeloten, sowie mit der Zerstörung aller religiösen Kultstätten und Tempel.

Zu der Zeit als Jesus lebte, also einige Jahrzehnte vor diesem katastrophalen Ereignis, zogen viele andere jüdische Propheten, Wunderheiler und politische Agitatoren durch Palästina. Ja man kann sagen es herrschte teilweise sogar eine regelrechte Prophetenhysterie. Einige riefen zum Widerstand gegen Rom auf, andere wiederum predigten die spätere Niederlage. Das Leben unter der römischen Fremdherrschaft sei als Strafe Gottes an zu sehen. Gleichzeitig boten sie aber auch die Erlösung an. 
Im Evangelium wird auch ein gewisser „Johann der Baptist" erwähnt, ein Zeitgenosse von Jesus, der auch über eine große Anhängerschar verfügt haben soll, jedoch von König Herodes hingerichtet wurde.

Eine andere Gruppe von jüdischen Reformern, die sogenannten Essener sind uns heute bekannt durch die vielen Schriften, die sie angefertigt haben. Es handelt sich dabei um die sogenannten „Schriftrollen vom Toten Meer", die man zwischen 1947 und 1956 in insgesamt elf Felshöhlen nahe der Ruinenstätte Khirbet Qumran im Westjordanland (daher auch: Qumranschriften) entdeckte. Anders als Jesus, lebten die Essener ein sehr zurückgezogenes Leben hinter Klostermauern, um sich so der Unvollkommenheit und Schwäche des weltlichen Lebens zu entziehen. Im Vergleich mit den Essenern stand Jesus aber mehr auf der Seite der Pharisäer, ebenfalls eine Gruppierung jüdischer Reformer, die es allerdings ablehnte ihr Leben hinter Klostermauern zu verbringen. 
Doch auch mit den Pharisäern diskutierte Jesus häufig in kontroversen Glaubensfragen, hinsichtlich des Judentums, was auch aus dem Evangelium hervorgeht. 

Jesus wurde vermutlich irgendwann zwischen 6 B.C. und A.D. 4. geboren und wurde ca. dreiunddreißig Jahre alt. Er lebte in einer Zeit, die von starken religiösen sowie politischen Unruhen geprägt war. Die Apostel Matthäus und Lukas berichten im Evangelium einstimmig, die Geburt Jesus sei ein Wunder gewesen. Auch habe er in seiner Jugend ein sehr frühreifes oder altkluges Verhalten an den Tag gelegt, wohingegen Markus und Johannes nichts dergleichen berichten.

In ihrem Versuch eine Verbindung zwischen Abraham, Adam und Jesus herzustellen, zeichnen Matthäus und Lukas ein sehr widersprüchliches Bild hinsichtlich der Abstammung Jesus.
 Diese Art der Ahnenforschung ist schlichtweg irrelevant, da die Evangelisten gleichzeitig ja selbst behaupten, Jesus sei der Sohn der Jungfrau Maria sowie seines irdischen Adoptivvaters Josef. Dieses Beispiel demonstriert hervorragend, welches Interpretationsrätsel man hier den Historikern präsentiert.
Bevor wir also dieses Labyrinth betreten versuchen wir lieber uns mit charakteristischen Übereinstimmungen zwischen den Apostelberichten zu beschäftigen, um so wieder etwas mehr Vertrauen zu schaffen.

Die Apostel stimmen dahingehend überein, dass Jesus die Bedeutung eines tiefen Glaubens an Gott predigte, wie auch die Liebe zur gesamten Menschheit. 
Ohne Glaube und Nächstenliebe betonte Jesus, seien alle noch so sorgfältig befolgten Rituale, Gebete und Spenden völlig wertlos.
Viele Episoden im Evangelium berichten von heftigen Diskussionen, ja beinahe einem Krieg der Worte den Jesus mit den jüdischen Autoritäten seiner Zeit, also mit den Pharisäern, den Sadducees und auch den Tempel Priestern von Jerusalem führte.

Sie kritisierten ihn zunehmend wegen seiner unkonventionellen Art zu lehren, worauf Jesus erwiderte, dass allein die Kraft des reinen Glaubens entscheide. Weiterhin argumentierte er, dass es den Pharisäern am richtigen Glauben mangle und sie somit sehr verletzbar geworden wären in ihrer eigenen Position. Als seine Jünger gerade dabei waren am Sabbat Samen zu pflücken trotz des Verbotes jeglicher Arbeit an diesem Tag sagten die Pharisäer zu ihm: 

"Warum arbeiten deine Jünger obwohl es am Sabbat nicht erlaubt ist?"
Jesus antwortete ihnen: „Habt ihr nicht gelesen was David und sein Gefolge taten, als es ihnen schlecht ging und sie hungrig waren? Sie gingen in den Tempel des Hohen Priesters Abiathar und aßen das geheiligte Brot, welches nur für die Priester bestimmt war.“ Weiterhin erklärte er, dass der Sabbat für die Menschen gemacht wurde und nicht die Menschen für den Sabbat.

Diese Passage ist eine von vielen überlieferten Aussagen Jesus, die uns verschiedene Dinge zeigt. Jesus war mit der biblischen Geschichte vertraut, wusste wie man mit historischen Analogien argumentiert und konnte wahrscheinlich auch Lesen und Schreiben. Sie zeigt außerdem seine Bereitschaft sich selbst mit König David zu vergleichen, einem Führer, der sich auch hin und wieder nicht an konventionelle Regeln gehalten hatte. 
Jesus war zwar bereit sich an die ethischen und sittlichen Gebote des traditionellen Judentums zu orientieren forderte aber gleichzeitig zum Verzicht auf, allzu prunkvolle Rituale abzuhalten. Die Haltung Jesus, der jüdischen Tradition gegenüber ist nicht immer leicht zu bewerten und zum Teil auch sehr widersprüchlich. Manchmal erklärte er, er sei gekommen um das Gebot, das Gesetz oder auch die Prophezeiung zu erfüllen. An anderer Stelle aber scheint er sich überhaupt nicht mehr daran halten zu wollen. 

Zu der Zeit als Jesus lebte war das Judentum von einer sehr starken prophetischen Tradition geprägt. Der in den heiligen Schriften vorhergesagte Messias wurde manchmal auch in einem kleinen Bildchen dargestellt und zwar als Reinkarnation von König David. Aber die Prophezeiung von Isaiah hingegen malte ein anderes Bild des Messias. Ein Typ von Messias zu dem sich Jesus anscheinend mehr hingezogen fühlte und vielleicht auch versuchte, diese Prophezeiung mit dem Beispiel seines eigenen Lebens zu erfüllen.

Der Historiker Paul Johnson verglich Jesus mit dem Propheten, vorhergesagt in Isaih 53:

Es war seine Mission zu predigen, erfüllt mit dem Geist der Demut vor Gott, welcher der damaligen Ansicht nach vielleicht extremes Leiden und Hingabe verlangte.
Die Person von der Isaiah schrieb musste die „zärtliche Pflanze" sein, verachtet und zurückgewiesen von den Menschen. Ein Mann der Sorgen, welcher bereit sein würde für die Niederträchtigkeit seiner Mitmenschen zu leiden. Dieser leidende Diener Gottes sollte bereit sein für seinen Glauben ins Gefängnis zu gehen, vor Gericht zu treten, um sich am Ende dann  freiwillig wie ein Lamm zur Schlachtbank führen zu lassen.
Dieser Typus von Messias war kein Anführer des Volkes. Kein Demokrat oder gar ein Guerillakämpfer. Vielmehr war er Theologe und geheiligtes Opfer. Ein Lehrer, der nur durch seine Worte und Taten auf sich aufmerksam machen sollte, wie auch durch sein Leben und seinen Tod.
Die Evangelisten selbst zitieren oftmals Isaiah sowie andere Hebräische Propheten. Manchmal erwähnen sie auch Jesus selbst hätte vor seiner Zuhörerschaft gesagt, dass er gekommen sei, um diese Prophezeiungen zu erfüllen.


Jesus predigte in Gleichnissen

 Alle Apostel berichten Jesus predigte von der Liebe Gottes und das allein schon die Form der menschlichen Existenz ein Beweis für diese Liebe sei.
 In seinen Predigten benutzte er oft die Form von Gleichnissen um anhand von praktischen Beispielen des täglichen Lebens besser verstanden zu werden. Auf diese Art und Weise gelang es ihm auch die oftmals sehr komplizierten religiösen Sachverhalte den Menschen nahe zu bringen.

In Kapitel zehn des Lukas Evangeliums in dem Jesus sagt, man solle seinen Nächsten lieben, wird er von einem Rechtsgelehrten gefragt:
„Wer ist denn nun mein Nächster?" 
Jesus antwortet ihm mit dem Gleichnis des Samariters:

„Ein Mann der auf dem gefährlichem Weg von Jerusalem nach Jericho unterwegs war wurde überfallen, geschlagen, ausgeraubt und schwerverletzt am Straßenrand liegend zurückgelassen. Zwei seiner jüdischen Glaubensbrüder, die kurz darauf des Weges kamen, hielten nicht an. Sie wechselten lieber die Straßenseite, da sie selbst Angst hatten Opfer zu werden. Schließlich kam ein Dritter Mann des Weges ein Samariter, der sich sofort um den Schwerverletzten kümmerte. Er brachte ihn sogar in ein nahegelegenes Haus und ließ auch noch Geld für ihn zurück, damit sich die fremden Leute um seine Pflege und Wiedergenesung kümmerten."

Dazu muss man wissen, dass die Samariter bei den Juden von Galiläa und Judäa nicht gerade sehr beliebt waren. Unter anderem auch wegen ihrer andersartigen religiösen Praktiken. Damit erhöhte Jesus also noch die Dramatik dieser Geschichte.
Jesus fragte nun den Rechtsgelehrten: „Welcher dieser drei Männer hat durch seine selbstlose Hilfe gezeigt, das er Gottes Liebe in sich trägt?"
Dem Rechtsgelehrten blieb nun nichts anderes übrig, als zu bestätigen, dass es der Samariter war. Darauf sprach Jesus zu ihm: „Gehe hin und tue das gleiche!"
Die Bedeutung dieses Gleichnisses scheint zu sein, dass man alle Menschen und nicht nur seine Glaubensbrüder lieben soll oder anders gesagt, dass jeder Mensch der Nächste ist. Dieser universelle Aspekt in der Botschaft Jesus war zum Teil mit die Ursache, für ihre rasante Verbreitung.
Ein anders Gleichnis ist weit schwieriger zu verstehen, so zum Beispiel jenes, welches über die Arbeiter im Weinberg berichtet. 

Das Himmelreich ist vergleichbar mit einem Landbesitzer, der im ersten Tageslicht aufbricht, um für seinen Weinberg Arbeiter zu holen.
Er bezahlt ihnen für einen Tag Arbeit im Weinberg einen Denar. Doch in bestimmten Abständen, über den ganzen Tag verteilt, geht er immer wieder zum Marktplatz zurück und holt wieder neue Arbeiter. 
Obwohl diese Arbeiter später anfangen zahlt er ihnen den gleichen Lohn, wie denen, die schon den ganzen Tag in der Gluthitze schufteten. 
Doch dem nicht genug. Er bezahlt sogar die zuerst aus, die zuletzt mit der Arbeit begonnen hatten. Dadurch kam natürlich bei denjenigen Unmut auf, die bereits seit Tagesbeginn arbeiteten und sich nun natürlich über eine ungerechte Behandlung beschwerten. 

Der Landbesitzer jedoch erwiderte: „Habe ich etwa nicht das Recht mit meinem Eigentum zu tun was ich will? Warum seid ihr neidisch wenn ich großzügig bin?" 
„So werden die Letzten die Ersten und die Ersten die Letzten sein.“
(Matth. 20,1ff) 
Dieses Gleichnis trug natürlich zu großer Verwirrung unter den Christen bei. Im besten Fall zeigt dieses Gleichnis, dass Gott extravagant großherzig ist ohne dabei zu irgendjemand ungerecht zu sein. 
Im schlechtesten Fall kann man es interpretieren, als himmlische Unterstützung für zügellosen Raubtierkapitalismus. Eine andere Möglichkeit wäre und die scheint wahrscheinlicher zu sein, Jesus war für eine einheitliche Konfiszierung von Vermögen, da er ja in (Matth.19,24) selbst erklärt: „Nochmals sage ich euch: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“

Die häufigen Mahnungen Jesus gegen Wohlstand und Reichtum machen ein wörtliches Ausleben seiner Thesen in Bezug auf die Wirtschaft unmöglich. Nur eine tendenziöse Interpretation des Evangeliums macht aus Jesus einen Anwalt des Kapitalismus, Sozialismus oder irgendeines anderen politischen Systems.
Sehr häufig sprach er auch zu seinen Anhängern diese sollten sich keine Sorgen machen, woher sie etwas zu essen bekämen oder gar Kleidung.
"Genügend zu haben für einen Tag ist vollkommen ausreichend.“
Und die Seligpreisungen: „Gesegnet seien die Armen, die Leidenden und jene welche nach Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit dürsten“, spiegeln ein Bild von einem Ideal, welches in der Realität so niemals Bestand haben kann. 

Andere Episoden aus dem Leben Jesus zeigen, dass er anscheinend kein Familienmensch war. Vielleicht auch deswegen weil sein Vater im Himmel sich auch nicht gerade all zu sehr um seine irdischen Familiebande gekümmert hatte. Bei einer anderen Gelegenheit bittet einer seiner Anhänger Jesus um Erlaubnis vorher noch seinen toten Vater bestatten zu dürfen, um danach Jesus folgen zu können. Dieser verweigert ihm die Erlaubnis. Jesus sprach zu ihm: 
„Lass die Toten ihre Toten begraben, du aber geh und verkünde das Reich Gottes." Lukas 9:59-62

Als er eines Tages mit seiner Mutter und seinen Geschwistern (oder Cousinen) zusammentraf schien er sie völlig zu ignorieren. Stattdessen sprach er: „Wo ist meine Mutter? Wo sind meine Brüder?"
Anschließend deutete er auf seine Jünger, welche mit ihm gekommen waren und sprach:
„Da ist meine Mutter! Da sind meine Brüder! Denn jeder der nach dem Willen meines Vater im Himmel lebt ist mein Bruder, meine Schwester und meine Mutter." (Math.12). Obwohl er in vielen Passagen des Evangeliums als Prediger dargestellt wird, der besonders dem Frieden das Wort redete, erklärte er in (Math.11): „Denkt nicht ich bin gekommen um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen Frieden zu senden, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen um den Sohn in Widerstreit zu seinem Vater zu bringen, die Tochter gegen ihre Mutter und die Schwiegertochter gegen ihre Schwiegermutter. Die Gegner eines Mannes sollen sich in seinem eigenen Haushalt aufhalten." 

Aufgrund dieser verwirrenden Aussagen im Evangelium war es den Schreibern möglich, Jesus sowohl als Kämpfer, wie auch als Gegner aller sozialen Konventionen darzustellen. 
An anderer Stelle zeigt er beinah einen gewissen Hang zur Gereiztheit. Matthäus schreibt: Jesus erblickte in der Ferne einen Feigenbaum. Da er anscheinend hungrig war begab er sich zu dem Baum. Dort angekommen musste er feststellen, dass der Baum nur Blätter und keine Früchte trug. Auf der Stelle verfluchte er den Feigenbaum und sprach:
„Du wirst nie wieder Früchte tragen können", und sofort verwelkte der Feigenbaum (Math.21).
Seine Sprache und sein Auftreten wirkten oft sehr hart. Sicherlich konnte er sehr provozierend der Obrigkeit gegenüber sein und oftmals überhäufte er sie mit seiner flammenden Rhetorik. 

Jesus wählte 12 Apostel

Die Evangelisten sind sich einig, dass Jesus nicht gerade über eine sehr große Anhängerschaft verfügte, dennoch aber über einen inneren Zirkel von zwölf Aposteln. Diese beauftragte er mit der schwierigen Mission seine Botschaft zu verbreiten. Zuerst in Palästina und später dann in der ganzen Welt. Er lehrte ihnen Gott zu preisen, gab ihnen die Kraft zu heilen und versuchte mit besonderem Engagement ihnen seine Botschaft zu vermitteln.
 Aus vielen Geschichten des Evangeliums wird auch klar, dass die Apostel nicht gerade die zuverlässigsten Zeitgenossen waren.
Oftmals verpassten sie einfach Verabredungen mit Jesus und häufig stritten sie miteinander, wer von ihnen den Vorrang vor allen anderen habe. Oftmals schliefen die Jünger Jesus auch, meistens gerade dann, wenn er sie dringend benötigte. 

Jesus selbst war eine äußerst paradoxe messianische Figur. Er kam aus einer unbedeutenden Familie und anstatt als militärischer Führer gegen die Römer anzutreten, predigte er von Liebe. Auch seine Apostel waren äußerst einfache Menschen. Fischer, Skeptiker und im Falle von Zacharias sogar ein allgemein verhasster Steuereintreiber, der in den Diensten der Römer stand. Einer seiner Apostel Judas Ischariot verriet Jesus durch einen Kuss an die römischen Schergen. 

Der Apostel Simon Peter (Petrus) leugnete Jesus jemals gesehen oder ihn auch nur irgendwie gekannt zu haben. Er hatte natürlich große Angst davor selbst eingesperrt oder gar hingerichtet zu werden. Die Evangelien deuten auch an, dass Jesus die Schwäche und Unzulänglichkeiten seiner Jünger natürlich bewusst war und er diese auch vorhergesehen hatte. Ständig versuchte er deshalb diese Schwächen zu beseitigen, indem er an ihren Glauben appellierte. Doch trotz all ihrer „Defizite“ waren es diese Apostel, die Jesus als Gottes Sohn, als den gesandten Messias akzeptierten und nach seinem Tod sein Wort sowie seine Lehre weiter verbreiteten. 

Laut den Evangelisten hat Jesus tatsächlich Wunder vollbracht. Im vierten Evangelium wird berichtet, er habe bei einer Hochzeitsfeier in Kanaan Wasser in Wein verwandelt. Dies sei sein erstes Wunder gewesen. Später zeigte er noch mehr von seiner Fähigkeit Übernatürliches zu vollbringen. So konnte er zum Beispiel auf dem Wasser spazieren gehen, Stürme beruhigen oder auch leere Fischernetze mit frischem Fisch füllen.

Die Wunder, welche allen Evangelien berichten werden immer faszinierender je mehr die Erzählungen voranschreiten.
So heilte er die Lahmen, die Blinden sowie die Leprakranken. Außerdem schaffte er es auch noch die hungrigen Mägen von cirka 5000 Menschen zu füllen und das nur mit fünf Leib Brot und zwei Fischen. (Bergpredigt)

Als Nächstes ließ er sogar die Toten wiederauferstehen. Zuerst nur von den Betten, wo sie jeweils der Tradition gemäß ein paar Tage lang aufgebahrt wurden. Schließlich erweckt er aber auch noch jemand zum Leben (Lazarus), der bereits seit vier Tagen tot war und auch schon in einem der damals üblichen Höhlengräber bestattet war. 
In der gesamten Historie der Christenheit sind diese Wundergeschichten, wie auch noch vieles andere heftig umstritten. Das geht sogar soweit, dass frühe Christen die übernatürlichen Kräfte von Jesus bezeugen, wohingegen andere wieder bestreiten, dass sich jemals solche Ereignisse zugetragen hätten.

Anthologien über das Leben Jesus jenseits der Evangelien, wie zum Beispiel das - Evangelium des Thomas Didymus - betonen mit Nachdruck diese Wundertätigkeit. Doch die frühe christliche Kirche entschied sich schließlich dafür diesem Wunderkult nicht zu sehr zu huldigen.
Innerhalb der Kirche wurden nur die vier Evangelien anerkannt, in denen auch erwähnt wird, dass Jesus sich manchmal sogar geweigert haben soll Wunder zu vollbringen. 
Die Berichte über diese Wundertätigkeit implizieren sicherlich nicht, dass Jesus auch in der Lage war all die Schwierigkeiten des täglichen Lebens damit zu bewältigen. Aber in der Tat erhöhen sie noch die Dramaturgie der Ereignisse, die mit seinem frühen Tod endeten. Die Apostel argumentieren, dass Jesus sehr wohl in der Lage gewesen wäre sich sein schreckliches Ende durch ein Wunder zu entziehen. Die Evangelien berichten dazu, er sei bewusst Schritt für Schritt seiner Verurteilung und damit seinem Tod entgegen gegangen.

Ihrer jüdischen Tradition gemäß reisten alle Juden des Landes dreimal im Jahr nach Jerusalem um das Pessachfest das Pfingstfest und das Laubhüttenfest zu feiern. Auch Jesus war eingetroffen um am jährlichen „Fest der Tabernakel" (Laubhüttenfest) teilzunehmen.

Laut den Evangelisten wurde er von einer freudigen Menschenenge begrüßt. Es entstand eine spontane Prozession. Jesus ritt auf einem Esel in die Stadt, vorbei an der mit Palmwedeln jubelnden Menge. Spontan hielt er eine Rede. Dann ging Jesus in den Tempel, jagte alle Händler und Käufer hinaus, stieß die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler um und rief: „Ihr wisst doch, was Gott in der Heiligen Schrift sagt: „Mein Haus soll ein Ort des Gebets sein, ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht!" (Matth. 21,12-17)

Der Einfluss den Jesus durch seine Worte und seine Taten auf die Menschen ausübte war gewaltig und hatte natürlich eine bedrohliche Wirkung auf die Hohen Priester des heiligen Tempels. Dadurch hatte er sich die Priesterschaft zu seinen erbitterten Feinden gemacht.

Man muss wissen, dass sich zu Zeiten des Pessachfestes die Bevölkerung von Jerusalem aufgrund der vielen Besucher regelmäßig vervierfachte. Tausende Pilger strömten in die Stadt um ihre religiösen Rituale ausführen zu können. Dadurch entstand teilweise eine sehr emotionsgeladene und aufgeheizte Stimmung. Ein Prediger hatte somit eine große Verantwortung der aufgebrachten Menge gegenüber. Mit seinem Auftreten im Tempel war Jesus aber zum Sicherheitsrisiko für die Hohen Priester geworden, da er mit uralten Bräuchen derart radikal umgegangen war. Die hohen Priester waren deshalb sehr erzürnt.


Kreuzigung und Wiederauferstehung

Die letzten Tage im Leben Jesus werden von den Aposteln sehr sorgfältig und detailgetreu geschildert, zugleich aber auch aus einem sehr religiösen Blickwinkel.
Beim sogenannten letzten Abendmahl teilte Jesus allen anwesenden Jüngern mit, wie sie ihm nach seinem Tode Gedenken sollten. Weiterhin berichten sie, er habe in Gethsemane um Tapferkeit und seelische Kraft gebetet. Einer seiner Jünger Judas Ischariot verriet ihn schließlich an die römischen Soldaten, indem er Jesus küsste. Anschließend wurde er von beiden Obrigkeiten sowohl von den jüdischen, als auch von den römischen Autoritäten angeklagt. Auch deshalb, weil er von sich selbst behauptet hatte, ein Gott zu sein. 
Dies war in den Augen der Juden Blasphemie und bei den Römern galt so ein Verhalten natürlich als aufrührerisch und deshalb gefährlich.
Die Apostel berichten auch Jesus habe keinerlei Anstalten unternommen sich gegen die Anklage in irgendeiner Art und Weise zu verteidigen, obwohl er dazu durchaus mehrmals Gelegenheit gehabt hätte.

Pontius Pilatus römischer Statthalter von Judäa, welcher, wie aus anderen historischen Quellen eindeutig hervorgeht, für seine unbarmherzige Art und Weise, wie er mit den Feinden Roms umzugehen pflegte, bekannt war, zeigte im Falle Jesus laut Evangelium eine eher gleichgültige Haltung gegenüber den vorgebrachten Anschuldigungen.

Er war nicht überzeugt davon, ob denn nun Jesus wirklich gegen geltendes Römisches Recht verstoßen habe, trotzdem war er schließlich bereit den jüdischen Autoritäten nachzugeben, da diese vehement seinen Tod einforderten. 
So befahl er Jesus draußen vor der Stadtmauer auf einem Hügel genannt Golgatha (Schädelstätte) zu kreuzigen. 
Die Hinrichtung durch das Kreuz war eine besonders unschöne und grausame Art der Exekution. Die Apostel berichten man habe Jesus zwischen zwei ganz gewöhnlichen Dieben gekreuzigt. Dies war zusätzlich eine besondere Art der Erniedrigung. 
Dass aber gerade ein gekreuzigter „Aufwiegler“ oder auch nur Unruhestifter der versprochene Erlöser der Welt sein soll, ist ein anderes überraschendes Paradoxon, welches das Evangelium hier präsentiert.

Historisch war das Leben Jesus mit der Kreuzigung definitiv beendet.
Doch in den Augen der Christen kommt die Wirkung, die er auf die Welt hatte weniger durch sein Leben und sein Sterben zustande, sondern durch seine Auferstehung drei Tage später aus dem Höhlengrab.
Dieses Ereignis feiern die Christen alljährlich und nennen dieses Fest Ostern. Das Evangelium schildert viele Szenen in denen der wieder auferstandene Jesus seinen ungläubig staunenden Jüngern erscheint und ihnen versichert, er sei kein Geist. Das Evangelium erzählt Jesus habe mit seinen Jüngern zusammen gegessen, mit ihnen gesprochen und er hätte sie auch berührt und ihnen seine Wunden gezeigt, sodass sie ihm schließlich glaubten. Des Weiteren beauftragte er seine Jünger sein Wort in der ganzen Welt zu verbreiten und entschwebte schließlich langsam an Höhe gewinnend Richtung Himmel.

Das Evangelium endet mit Beschreibungen über die Entwicklung der ersten christlichen Gemeinden in den unmittelbar darauf folgenden Jahren, im Nahen Osten.
Durch die Briefe von Paulus, die er an die ersten christlichen Gruppierungen in Ephesus, Corinth und Rom geschrieben hatte, erfahren wir von ihren Schwierigkeiten und dem tiefen gesellschaftlichem sozialen Status, den die ersten Christen innehatten. Die Apostel Paulus und Petrus gelten aller Wahrscheinlichkeit nach als die eigentlichen Gründer des Christentums.
Über den geschichtlichen Jesus, wie auch über Christus den Sohn Gottes, welcher die Menschheit erlösen soll bleibt vieles unbekannt und dies wird wohl auch in Zukunft so bleiben.


 Variationen des Namens:

„Jesus", ist die lateinische Version des hebräischen „Joshua."
 Wahrscheinlich sprach er Aramäisch, die am häufigsten verbreitete Sprache im damaligen Römischen Palästina. Obwohl die Berichte im Neuen Testament über das Leben Jesus zuerst in griechischer Sprache verfasst wurden.




 Die knappe und rührige Darstellung von der Persönlichkeit
 Jesus ist einfach falsch und zwar aufgrund einer gewissermaßen
 selbstauferlegten Ehrerbietung der „Figur Jesus" gegenüber.
 Jesus war ein mittelloser "Lehrer", umherziehend in dem heißen
 und staubigen Lande Judäa und er lebte hauptsächlich von Almosen
 und Spenden. Dennoch wird er immer als sauberer, frisch gekämmter
 in makelloser Kleidung auftretender, aufrechter Mensch beschrieben,
 den ein Hauch des Geheimnisvollen umgibt, so als hätte er durch die Luft
 fliegen können.

 H.G. WELLS


 Quellen:

 Johnson, Paul. A History of the Jesus, Harper, 1987.

 Old and New Testament (King James Version and New Jerusalem Bible).

 Pelikan, Jaroslav. Jesus Through the Centuries. Yale University Press,1985.

 Perkins, Pheme. Reading the New Testament: An Introdution Paulist, Press, 1978.

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